Microvita und die moderne Zeichenlehre 

– von Dr. Hans-Joachim Rudolph, Microvita Research e.V. 

In einem früheren Artikel hatte ich Microvita als eine imperative, Grenzen überschreitende Ausdrucksform der Natur bezeichnet (1). Diese Bestimmung war als Gegensatz zu den konjunktiven und indikativen Zeichenfolgen gedacht, welche, wie beschrieben, das Reich der Möglichkeiten sowie das der Wirklichkeit determinieren. Die implizierte Vorrangstellung der Zeichen und Zeichenfolgen beruht dabei auf einer Erkenntnis, die Bernd Pompe in die folgenden Worte gefaßt hat: „Das Wesen des Zusammenwirkens elementarer Objekte in komplexen Systemen besteht weniger im Energie- als vielmehr im Informationsaustausch, wenngleich sich beide wechselseitig bedingen“ (2). Dabei ist der Begriff der Information nicht an menschliche Zivilisationen gebunden. Information ist viel älter als die Menschheit selbst; tatsächlich findet in der belebten Natur ein ständiger Informationsaustausch statt, und zwar auf allen Ebenen.  

Shape RechteckGruppierenMit Hilfe der Zeichenlehre sei nun ein weiterer Aspekt der Microvita hervorgehoben: Bekanntermaßen geht die moderne Semiotik zurück auf Ferdinand de Saussures bahnbrechendes Werk ‘Cours de linguistique générale’, posthum veröffentlicht 1916 (3). Darin entwirft er ein dyadisches Zeichenmodell, d.h. dass Zeichen für ihn notwendig und untrennbar aus zwei Seiten bestehen: nicht aus einer Sache und einem Namen, sondern aus einer Vorstellung und einem Lautbild. Hierbei ist es wichtig zu verstehen, dass das Lautbild nicht einem akustischen Laut entspricht, sondern dem inneren, psychischen Eindruck dieses Lautes, vergleichbar etwa mit dem Vorgang, wenn man „lautlos“ mit sich selbst Gespräche führt. 

Um den Gegensatz zwischen Vorstellung und Lautbild zu verdeutlichen, ersetzte Saussure die beiden Begriffe durch „Signifié“ (dt. „Signifikat“), das Bezeichnete, und „Signifiant“ (dt. „Signifikant“), das Bezeichnende. Das Zeichen ist die Verbindung zwischen beiden Elementen. 

Ohne den Signifikanten bleibt das Signifikat flüchtig, erst durch den Signifikanten kann es fixiert und operativ genutzt werden. Das läßt sich gut anhand einer Alltagserfahrung verdeutlichen: Es kommt immer wieder vor, dass wir uns an den Namen einer Person nicht erinnern können; wir haben dann zwar eine Vorstellung von seiner oder ihrer Gestalt, können diese aber nicht mit einem Lautbild verbinden. Dadurch bleibt die Vorstellung flüchtig und dysfunktional. Umgekehrt kann es auch vorkommen, dass wir uns zwar an einen Namen, nicht aber an die Gestalt des so Bezeichneten erinnern. Erst wenn die Erinnerung wieder wach gerufen wird können wir mit der Vorstellung etwas anfangen. Daraus läßt sich schlussfolgern, dass sowohl verbale, wie auch nonverbale Vorstellungen eine ordnende und die Gedanken fixierende Funktion haben. Saussure schreibt: „Das Denken für sich allein genommen ist wie eine Nebelwolke, in der nichts notwendigerweise begrenzt ist. Es gibt keine von vornherein feststehenden Vorstellungen, und nichts ist bestimmt, ehe die Sprache in Erscheinung tritt“ (3, S.133). Unser produktives Denken ist also immer sprachlich, es kann sich nur innerhalb der Grenzen der Sprache vollziehen. 

Neurophysiologisch entspricht das Lautbild (Signifikant) einem neuronalen Netzwerk, welches sich bei Verknüpfung mit einem nonverbalen Gedankeninhalt (Gestalt / Kontext = Signifikat) zu einem größeren Netzwerk verbindet, so dass nun, im Sinne von Saussure, von einem Zeichen gesprochen werden kann. Um wirksam werden zu können muss das Lautbild allerdings stabilisiert werden, ansonsten bleibt es genauso flüchtig wie die nonverbale Vorstellung. Und hier kommen die Microvita ins Spiel: Wie in unseren früheren Arbeiten über den Quantum Zeno Effekt ausgeführt, erlauben sie es nämlich, die Aktivität des dazugehörigen neuronalen Netzwerks zu synchronisieren (4).  

Exemplarisch zeigt sich das beim richtigen Gebrauch von Mantren: 

Das Mantra evoziert eine Vorstellung. Um diese zu stabilisieren muss es wiederholt werden. Diese Wiederholung kann zwar auch mechanisch erfolgen, eine lebendige Repetition wird aber nur durch Microvita ermöglicht, welche im Rahmen der Initiation vom Lehrer auf den Schüler übertragen worden sind. Da der Lehrer sich in diesem Zusammenhang als Medium des Meisters versteht, wird die Wiederholung des Mantras sowie die Stabilisierung der damit verbundenen nonverbalen Vorstellung letztenendes nur durch die vom Guru übertragenen Microvita in Kraft gesetzt. 

Shrii Shrii Anandamurti sagt: “That which I call ‘positive microvitum’, in reality what is it? It is nothing but the grace of Parama Purusá”.  

Literatur 

(1) Rudolph, Hans-Joachim: Über die Bedeutung des Imaginären. PROUT NOW (2022) 

(2) Pompe, Bernd: Einführung in die Informationstheorie, Institut für Physik der Universität Greifswald, Greifswald (2008) 

(3) de Saussure, Ferdinand: Cours de linguistique générale’ (1916) 

(4) Rudolph, Hans-Joachim: Another Thought Experiment. In Microvita: Exploring a New Science of Reality, AuthorHouse (2017)  

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